iMacs mit vier Herzen
Weniger als ein Jahr hat Apple gebraucht, um die iMacs auf neue Beine zu stellen. Zumindest was die innere Technik angeht. Außen bleibt fast alles beim Alten
Wir testen vier aktuelle iMacs und lassen sie gegen die Geräte im Test Apple stellt uns vier der neuen iMacs zum Test zur Verfügung. - iMac 21,5 Zoll, Core i5 2,5 GHz - iMac 21,5 Zoll, Core i5 2,7 GHz - iMac 27 Zoll, Core i5 2,7 GHz - iMac 27 Zoll, Core i7, 3,4 GHz, 8 GB RAM Vorgänger und gegen Apples derzeit schnellsten Computer, den 12 Kern Mac Pro antreten. Die Ergebnisse überraschen.
Nur wer ganz genau hinschaut, kann optische Unterschiede zum Vorgänger ausmachen. Auf der Vorderseite - neben der Facetime-HD-Kamera - findet sich nun ein Helligkeitssensor. Er ist gut hinter der Glasscheibe des Displays versteckt und er sorgt dafür, dass die Hintergrundbeleuchtung des Monitors über das Umgebungslicht gesteuert wird. Im abgedunkelten Wohnzimmer muss man die Helligkeit nun nicht mehr von Hand runterdrehen, das macht der iMac von selbst. Genauso dreht er die Lichtstärke höher, sobald es im Zimmer oder Büro wieder hell wird.
Das Prinzip ist schon von Apples Macbook-Pro-Modellen her bekannt. Falls man den iMac unter kontrollierten Umgebungslichtverhältnissen einsetzt, beispielsweise in der Druckvorstufe, sollte man diese Option jedoch abschalten (das geht in der Systemeinstellung unter "Monitor"), denn der Bildeindruck ändert sich mit der Helligkeit des Displays. Das kann bei Farbvergleichen zu Irritationen führen.
Einen weiteren Unterschied findet man, wenn man sich die Rückseite des iMac anschaut. Der Mini-DisplayPort ist der Thunderbolt-Schnittstelle gewichen. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn Apple hat Thunderbolt bereits vor einigen Monaten mit den neuen Macbook-Pro-Modellen eingeführt. Im Unterschied zu den mobilen Macs bekommt man - zumindest beim 27-Zoll-iMac - zwei Thunderbolt-Ports. Details zu Thunderbolt erfahren sie im Kasten "Das bringt Thunderbolt" auf Seite 58
Die neuen Prozessoren und Chipsätze
Die wichtigsten Änderungen hat Apple im Innern der iMacs vorgenommen. Alle Modelle sind nun mit den neuesten Intel-Prozessoren und Chipsätzen, Codename "Sandy Bridge" ausgerüstet. Selbst der preiswerte Einsteiger-iMac verfügt nun über vier CPU-Rechenkerne, das ist eine glatte Verdopplung zum Vorgänger. Mit Sandy Bridge führt Intel zudem eine neue Mikroarchitektur im 32-Nanometer-Fertigungsprozess ein. Neben den vier CPU-Kernen und einem sechs Megabyte großen Cache befinden sich auch ein Grafikchip in dem CPU-Gehäuse. Offiziell nutzt Apple diese nicht, denn alle iMacs arbeiten mit diskreten Grafikchips von AMD. In Verbindung mit der ebenfalls neuen Facetime-HD-Kamera kommt der Intel Grafikkern dennoch zum Einsatz. Er sorgt für die Echtzeitkodierung der Facetime-HD-Videos. Der Hauptprozessor wird dadurch während eines Video-Telefonates kaum beansprucht. Intel nennt diese Funktion Quick Sync. Apple gibt ihr keinen besonderen Namen.
Apple setzt einen brandneuen Intel-Chipsatz mit der Bezeichnung Z68 ein. Er verfügt über einige Besonderheiten: Er kann eine SSD und eine herkömmliche magnetische Festplatte zu einer Art Hybrid-Laufwerk verbinden. Die schnelle SSD-Platte arbeitet dann als Cache für das magnetische Laufwerk. Das soll in der Praxis für mehr Geschwindigkeit beim Zugriff auf häufig benötigte Daten sorgen. Intel nennt dieses Feature "Rapid Storage". Wir haken bei Apple nach, doch die Information lautet: Obwohl Apple Konfigurationen mit SSD und magnetischer Festplatte anbietet, nutzen die neuen iMacs Intels Rapid Storage derzeit nicht.
Desweiteren ist der Chipsatz in der Lage, die eingesetzte CPU gezielt in der Basistaktfrequenz zu übertakten. Allerdings macht das nur dann Sinn, wenn man einen Intel-Prozessor der K-Serie benutzt, die sich extrem weit übertakten lassen. Apple verbaut allerdings derzeit keine K-Chips in den iMacs. Zudem ist Übertakten im iMac generell mit Vorsicht zu genießen, da selbst geübte Bastler die Kühlungsmechanismen des iMac nur schwer modifizieren können. Eine bessere Kühlung ist bei einer übertakteten CPU jedoch die Grundvoraussetzung.
Ärgernis: Proprietärer interner Festplattenanschluss
Techniker der amerikanischen Firma OWC haben den neuen iMac bereits komplett zerlegt und festgestellt, dass Apple spezielle Festplatten einsetzt. Sie kommen mit einem erweiterten Stromstecker, über den offenbar Sensordaten der Temperaturfühler übertragen werden. Die Platten sind dazu mit einer modifizierten Firmware ausgestattet. Dadurch wird es für Bastler so gut wie unmöglich, die interne Festplatte selbst gegen ein handelsübliches Modell auszutauschen. Reparaturen oder Upgrades sind nur noch über Apple möglich. Was Apple damit bezweckt, bleibt schleierhaft. Es mag einige technische Vorteile geben, wenn die Rechnerhardware direkten Zugriff auf die Temperaturfühler der Festplatten hat, aber Nachteile, wie höhere Teilekosten, mehr Serviceaufwand und längere Evaluierungszeiten beim Wechsel auf neue Festplattenmodelle dürften überwiegen. Es bleibt der fahle Beigeschmack, dass Apple immer mehr Bastler und Aufrüster vom Mac abhalten und möglichst die komplette Kontrolle über sämtliche Reparaturen behalten will.
Grafikchips
Auch in der aktuellen Baureihe setzt Apple auf Grafikchips vom Hersteller AMD. Diesmal kommt die aktuelle Baureihe Radeon HD 6000 zum Einsatz. Allerdings verwendet Apple die Mobilversionen der Grafikchips. Die sparen Strom und werden nicht ganz so heiß, was dem Kühlsystem in der Enge des iMac-Gehäuses zu Gute kommt.
Schon der günstigste iMac kommt mit einem vergleichsweise kräftigen Radeon-HD-6750M-Grafikchip. Bei Apple bislang ein Novum: Im Top-Modell setzt der Mac-Hersteller einen echten Gaming-Chip ein. Der Radeon HD 6970M ist ein echter Leckerbissen, wenn es um 3D-Leistung geht. Den Grafikspeicher hat Apple verdoppelt. Das Top-Modell verfügt nun über ein Gigabyte Video-RAM (wahlweise sind auch zwei Gigabyte erhältlich). Alle anderen iMacs kommen mit 512 Megabyte separatem Grafikspeicher.
Ausstattung
Bei der weiteren Ausstattung bleibt alles beim Alten. Es gibt vier Gigabyte RAM ab Werk in allen Modellen. Maximal sind 16 Gigabyte möglich. Das 21,5-Zoll-Einstiegsmodell kommt mit einer 500-Gigabyte-Festplatte, alle anderen sind mit einem Terabyte ausgestattet. Optional bekommt man eine zwei Terabyte fassende Festplatte.
Interessanter wird es bei den BTO-Optionen. Außer beim Einstiegs-iMac bietet Apple nun bei allen Modellen optional eine 256 Gigabyte fassende SSD-Platte an. Das gilt auch für das 21,5-Zoll-Modell. Vorher war die SSD-Option ausschließlich dem 27-Zoll-iMac vorbehalten.
Ab Werk bekommt man mit jedem iMac-Modell eine drahtlose Bluetooth-Tastatur und die Magic Mouse. Wer lieber drahtgebunden arbeitet, kann statt der Bluetooth-Tastatur auch ein USB-Modell bekommen, ohne Aufpreis. Die USB-Tastatur hat zudem den Vorteil, dass sie einen Zifferblock mitbringt. Neu ist, dass man das Magic Trackpad nun ohne Aufpreis bekommen kann. Allerdings muss man dann auf die Bluetooth Maus verzichten. Wer dennoch beides haben will, zahlt 70 Euro extra.
Bluray: Fehlanzeige
Als optisches Laufwerk kommt in den iMacs nach wie vor das klassische Superdrive im Slimline-Format zum Einsatz. Es liest und beschreibt CDs und DVDs. Weiterhin gibt es kein Bluray-Laufwerk. Auch das Nachrüsten eines externen Bluray-Laufwerks bringt nichts, da es keine Software zum Abspielen von Bluray-Videos unter Mac-OS X gibt. Lediglich unter Windows funktioniert das, doch wer will schon jedesmal Windows starten, um einen Bluray Film anzuschauen? Somit fehlt weiterhin die offizielle Möglichkeit, Kinofilme in Full-HD-Auflösung (1080p) auf den iMacs abzuspielen. Die Filme, die man per iTunes bekommt, stellen maximal 720p dar.
Ergebnisse aus dem Testcenter
Intels Sandy-Bridge-Prozessoren haben schon den Macbook-Pro-Modellen auf die Sprünge geholfen. Auch beim iMac geben sie mächtig Gas. Im Vergleich zu den Core-i3-Chips aus der Vorgängergeneration messen wir zwischen 50 und 70 Prozent Leistungszuwachs. Wie immer profitieren rechenintensive Anwendungen, die Gebrauch von allen zur Verfügung stehenden CPU-Kernen machen, am meisten. Beim 3D-Rendern in Cinema 4D liegen die neuen Chips 50 bis 60 Prozent vorn. Beim Kodieren von MP3-Dateien in iTunes sind es hingegen nur maximal zwölf Prozent. Der Grund: iTunes benutzt grundsätzlich nur zwei Rechenkerne. Die beiden andern langweilen sich.
Spürbar sind auch die Leistungszuwächse im Grafikbereich. 3D-Action-Spiele, wie zum Beispiel Call of Duty 4, liefern je nach Modell zwischen 40 und 84 Prozent mehr Bilder pro Sekunde. Das komplexe 3D-Spiel läuft beispielsweise auf dem 27-Zoll-Core-i7-Modell mit Radeon HD 6970M in voller Auflösung und allen verfügbaren Grafikoptionen (Schatten, Anti-Aliasing et cetera) immer noch mit 60 Bildern pro Sekunde. Derzeit gibt es kein Mac-Spiel, das diesen Grafikchip in die Knie zwingen könnte.
Displays im Testcenter
An den Displays hat Apple im Vergleich zu den Vorgängern nichts geändert. Beide Modelle kommen mit IPS-Panels und LED-Hintergrundbeleuchtung. Die Helligkeit liegt nach unseren Messungen bei 340 und 370 Candela pro Quadratmeter (21,5 und 27 Zoll). Das ist für den normalen Betrieb im Büro und daheim völlig ausreichend.
In puncto Farbraum bleiben die Displays hinter High-End-Monitoren für die Druckvorstufe zurück, liefern aber genügend Farbumfang, um sie auch im professionellen Umfeld einzusetzen.
Lautheit und Stromverbrauch
Nicht erst seit Fukushima ist möglichst niedriger Stromverbrauch wichtig. Wir messen nach und stellen fest: Die neuen iMac-Modelle brauchen nicht mehr Strom als die Vorgänger. Allerdings auch nicht weniger. Bei voll aufgedrehter Helligkeit (ohne CPU-Last) benötigt das 21,5-Zoll-Modell 85 Watt. Unter Volllast der CPU messen wir 117 Watt. Das 27-Zoll-Einsteiger-Modell entnimmt dem Stromnetz 132 respektive 164 Watt. Das Top-Modell braucht 142 Watt ohne Last und knapp über 200 Watt bei Volllast der CPU. Die Werte könnten besser sein. Wenn Apple mit jeder neuen Generation die Rechenleistung steigert, den Stromverbrauch aber konstant hält, kann man kein Atomkraftwerk abschalten. Eine Konfiguration, die den umgekehrten Weg geht, also die Leistung konstant hält, aber den Stromverbrauch senkt, vermissen wir in Apples Produktreihe.
Christian Möller
christian.moeller@macwelt.de
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